Wieviel muss man lesen?
Von Carsten
Ralf Westphal hat einen länglichen Artikelüber die Pflicht eines Softwareentwicklers zum täglichen Lesen verfasst. Und ich kann nicht an mich halten und muss auch einen Kommentar dazu abgeben.
Ich stehe auch auf dem Standpunkt, dass Lesen von Fachbüchern eigentlich zum Beruf des Softwareentwicklers gehört. Genau wie das Beschäftigen mit neuen Technologien und der eigenen Weiterbildung. Den Hintergrund zu dieser Einstellung fasst Ralf in einem kleinen Absatz in der Mitte gut zusammen:
Erstens sollte es jedem am Herzen liegen, seine Kompetenz hoch zu halten. Denn hohe Kompetenz bedeutet Freiheit. Wer kompetent ist, kann sich im Notfall oder auch ohne Not den Job aussuchen. Wer mit veraltetem Wissen auf seinem Sessel sitzt, der hat diese Freiheit nicht.
Wer sich nicht mit den Neuigkeiten im Bereich der Softwareentwicklung beschäftigt, der kann irgendwann nur noch mit altem Wissen an neue Problemstellungen herangehen. Und das ist weder produktiv, noch besonders spaßig. Und ausserdem: Wer entdeckt denn nicht gern neue Wege zu einem Ziel?
Ich beschäftige mich auch oft und gern mit neuen Dingen, sei es jetzt die Google AppEngine, eine Sprache wie golang oder seit kurzem funktionalen Sprachen wie Clojure. Und nebenbei lese ich auf den Zugfahrten oder abends noch in Büchern wie Continuous Integration (und demnächst dem Nachfolger Continuous Delivery) oder Enterprise Integration Patterns.
Aber kann man daraus den Anspruch ableiten, jeder Entwickler muss jeden Tag mindestens 30min lesen? Ich bin mir nicht sicher. Ich lese diese Bücher, wenn ich Lust dazu habe. Wenn ich etwas neues lernen will. Oder wenn ich mir eine gute Beschreibung zu Patterns anlesen will, die ich schon oft benutzt, aber nie richtig darüber nachgedacht habe. Und ich spiele mit der AppEngine herum, wenn ich Cloud-Architekturen ausprobieren will. Oder weil ich eine Idee zu einer kleinen Anwendung habe, die ich ausprobieren will. Oder einfach, weil ich ein wenig Zeit totschlagen möchte, bevor mir langweilig wird… 😉
Ich sehe das so: Wenn ich lesen will, lese ich. Wenn ich nicht lesen will, lese ich nicht. Aber ich werde mich nicht dazu zwingen, mich auf diese Art weiterzubilden und damit für den Markt wertvoller zu machen. Für mich läuft die Frage “Wieviel muss man lesen?” letztendlich wieder auf Software craftsmanship hinaus: Wer ein guter Entwickler sein will, der beschäftigt sich automatisch mit seiner Profession. Und wer nur in diesem Beruf arbeitet, weil er irgendwie sein Geld verdienen will, der tut das nicht.
Achso, ein Nachtrag noch: Lest euch Ralfs Artikel ruhig mal durch, die kleine Berechnung am Anfang ist ganz interessant. Und dannüberlegt euch mal, wie viel Zeit ihr für das Lesen aufbringt. 😉