Was sind Erinnerungen wert?
Von Carsten
Achtung, ich nutze hier einen Artikel als Aufhänger für meine eigenen, völlig unzusammenhängenden Gedanken. 😉 Christian hat einen sehr interessanten Artikelüber Erinnerungen geschrieben. Eigentlich sollte es wohl um die Lebensdauer von Backupmedien gehen, wie er schon vor ein paar Tagen auf Twitter verlauten liess (Link, anyone?). Bei mir kamen aber am stärksten Sätze wie diese durch:
So kann auch ein zufälliger Schnappsschuss vom Opa in 20 Jahren 100x mehr Bedeutung für uns haben als wir es uns heute vorstellen können.
Das gleiche gilt für das Kuscheltier aus der frühen Kindheit, für das erste Fahrrad, für die erste Spielekonsole oder anderes Spielzeug, für Urlaubssouvenirs… und für hunderte andere Dinge, denen man einen sentimentalen Wert zusprechen könnte. Und die man für den Rest seines Lebens mit sich herumschleppen könnte, um sich während des Älter werdens immer wieder daran zu klammern und die Jugenderinnerungen in verblassten und gleichzeitig geschönten Kanten wiederaufleben zu lassen.
Niemand würde auf die Idee kommen ausgedruckte Fotos so leichtfertig in den Papierkorb zu werfen, denn man sieht direkt das Bild, und hat einen Bezug, Erinnerungen, was bei einer CD, oder einer externen Festplatte mit Teilweise mehreren hundert oder tausend Fotos nicht der Fall ist.
Ich kenne sowas aber durchaus von den analogen Medien: Jemand hat hunderte Fotos in mehreren Ordnern, die seit Jahren mitgeschleppt werden. Und die werden dann wieder rausgekramt, meistens mit den Worten “Weißt Du noch…” oder “Ach jaaaaa”.
Und dann kommt dieser Satz:
Zudem hat die Entwicklung des Fotos ja auch etwas gekostet, damals noch mehr als heute.
Damit wird schon fast zwingend, dass man einen materiellen Verlust erleidet, wenn man diese Erinnerungsstücke wegwirft. Das ist schon fast klassisch, die früher getätigte Investition soll nicht im Nachhinein als Unsinn enden, daher hält man daran fest. Was man gemacht hat, kann ja schliesslich nicht falsch sein - sonst hätte man es ja nicht getan. Und so sammeln sich noch mehr Dinge an, die irgendwann mal Wert hatten.
Es ist schon fast egal, ob sie heute auch noch einen Wert haben oder ob sie nur als Werterinnerung dienen, mit denen man sich klar macht, dass das Leben einen Sinn hatte - das man also etwas “hinterlässt”. Fotos, die man nach 100 Jahren noch angucken kann, zum Beispiel. Aber wer macht das? Ausser Archäologen und Geschichtsinteressierte, und interessiert die wirklich der Urlaubsschnappschuss vom Ballermann?
Ich bewahre nicht viele Dinge auf. Böse Zungen könnte behaupten, ich würde alles wegwerfen. Und wenn ich eins nicht ausstehen kann, dann sind es Geschichten von früher. Ich versuche mich bewusst zurückzuhalten, wenn Bekannte in nostalgischen Erinnerungen schwelgen. Und sollte ich irgendwann anfangen, meine Gespräche mit “Weißt Du noch…” oder “Damals haben wir…” anzufangen, dann stoppt mich bitte.
Ach so, zum Schluss noch ein paar Worte zu Backupmedien: Natürlich sichere ich meine Daten und Dokumente. Alle meine Entwicklungsprojekte stehen unter Versionskontrolle, landen auf meinem Drobo und regelmässig auf DVDs bzw CDs. Ausserdem nutze ich Flickr, Dropbox und JungleDisk. Aber das dient nur den Rechnerwechseln bzw Desaster Recovery - nicht der Bewahrung eines irrtümlich vermuteten Lebenswerkes.