In Software Entwickler investieren
Von Carsten
Ich lese gerade einen interessanten Artikel über das Ende der WeltInvestitionen in Software Entwickler. Der Autor Venkatesh Rao beschreibt darin seine Strategie, um das heraufziehende Ende der Zivilisation als Gewinner zu überstehen. Obwohl ich das Szenario grundsätzlich für richtig halte, stimme ich dem unterschwelligen Ton nicht zu, wenn der Autor schreibt:
In capitalism, every human is either a capitalist, somebody else’s capital, or economically worthless. Today, this abstract point specifically translates to: people who can invest in developers, developers, and everybody else. This means that if you are in apparently more fundamental professions – perhaps you are a baker with a small business – you are effectively useless, not because bread isn’t important, but because surviving in the bread business is now a matter of having developers on your side who can help you win in a game that Yelp, Groupon and other software companies are running to their advantage. If your bakery doesn’t have an iPhone app, it will soon be at the mercy of outfits like Yelp.
Damit sagt der Autor, dass der Kapitalismus das Ende der Zivilisation überleben wird. Stellt sich die Frage: Wieso sollte er?
Der Kapitalismus ist eher der Grund für die gegenwärtige wirtschaftliche und weltpolitische Situation. Im Grunde läuft alles auf die Frage hinaus, wie man mehr Geld verdient als die anderen. Ob das dann die Ausnutzung von fossilen Brennstoffen zur überproportionalen Energiegewinnung und des Energietransports oder die ÃÂberfischung der Meere zur Steigerung der Fisch_produktion_ ist, kommt doch eigentlich auf das selbe raus… im Moment sind es eher die Rohstoffe, die zur Herstellung von Hochtechnologie benutzt werden, die rasant abgebaut werden.
Wenn jetzt also Software Entwickler die neuen Rohstoffe sind, dann werden auch sie ausgebeutet und umkämpft. Eine Andeutung davon findet man auch im Artikel, allerdings abgeschwächt durch Sätze wie die folgenden:
Gilded-cage workplaces full of gourmet buffets, high-tech nap pods, and daycare facilities are just the tip of the iceberg.
They are primarily mechanisms available to sufficiently large, Too Big to Fail software companies like Google, Facebook and Microsoft. In a game where these majors set the bar in terms of cash and quality-of-life compensation, and very young startups set the bar in terms of providing realistic shots at big windfalls, no other type of business has any chance of really competing for top talent, with any mix of cash and stock it can conjure up.
Diese Aussage kam etwas überraschen, hat der Autor ein paar Zeilen vorher noch von Trust, also Vertrauen gesprochen:
If you gain the trust of a talented developer to the point that they are likely to drop any active gig in the future in favor of joining one of your projects, the value is through the roof.
Auch in der Betrachtung von cash and quality-of-life compensation schwingt der Kapitalismus mit. Nur wer wohlhabend ist und Geld hat, der fühlt sich gut und ist zufrieden. Woher nimmt der Autor nur diese Gewissheit? Vielleicht aus den Erfahrungen der Lehmann-Krise, oder noch aus der dotcom-Blase? Ich bin jedenfalls schon länger der Meinung, dass genau diese Einstellung nicht mehr lange durchkommen wird.
Wenn die Zivilisation wirklich umwälzende Zeiten hinter sich gebracht hat, wird auch der Kapitalismus verändert sein. Vielleicht wird er verschwunden sein, vielleicht wird er mehr nach Sozialismus aussehen und kleine Gemeinschaften nach Verbesserung ihrer Position streben lassen. Vielleicht wird es aber auch in einer Gesellschaft münden, die eher nach Shadowrun als nach Utopia aussieht.
Wenn man jetzt aber anfängt, Software Entwickler als stocks zu bezeichnen, hat man gar nichts gewonnen. In Zukunft wird es darauf ankommen, seine Zeit mit sinnvollen Tätigkeiten zu verbringen, sich dabei wohl zu fühlen und seine sozialen Kreise zu unterstützen. Es wird nicht darauf ankommen, wo man den gröÃÂten Dienstwagen oder den höchsten Bonus bekommt. Und es wird erst recht nicht darauf ankommen, wer einem das tollste Büffet oder den coolsten Platz für den Mittagsschlaf bietet.