Self-hosting als Lösung
Von Carsten
Ich betreibe seit über 20 Jahren die Domain www.kopis.de auf unterschiedlicher technischer Grundlage. Am Anfang (wie damals üblich) mit einem rudimentären Webhosting-Angebot für statische Seiten, dann kamen Datenbanken für PHP Anwendungen dazu, später mit meinen eigenen Servern um unterschiedlichste Software zu nutzen. Im Moment laufen auf meinem gemieteten Server 15 Dienste, die ich selbst nutze. Dazu gehören z.B. die Webseite selbst, eine selbstgeschriebene Software zum Teilen von Links als RSS Feed, mein Feedreader miniflux, meine Nextcloud, mein selbstbetriebener Mailserver, Instanzen von nitter und invidious und seit kurzem meine eigene Pleroma-Instanz für das Fediverse.
Das momentane Drama um Twitter, der neuste Akt von Elon Musk und auch die Gerüchte über die Zukunftspläne bezüglich Werbung zeigen, dass man einem Dienst - einem kostenlosen Dienst - nicht trauen kann. Sogar Bezahldienste ändern eventuell die Geschäftsausrichtung in eine Richtung, mit der man nicht einverstanden ist. Mittlerweile gibt es aber für jeden kommerziellen Dienst eine Open Source-Variante, die man selbst hosten oder von kleinen Anbietern anmieten kann. Ob das jetzt Twitter, Instapaper, Dropbox oder Google Fotos ist - wenn man möchte, kann man alles selbst machen oder zumindest auf die großen Anbieter verzichten. Das kommt mit unterschiedlichen Einschränkungen, die man kennen (bzw. ausprobieren) muss - aber es ist keine große Anstrengung und erst recht nichts, was nur von Nerds gemacht werden kann.
Klar, selber hosten ist etwas anderes. Nicht jeder weiß, wie man einen Server aktualisiert, wie man Open Source Software installiert und updated - daran bin ich selbst oft genug gescheitert und habe auf den Einsatz einer Software verzichtet, weil die Installation bzw das Update zu viele Kopfschmerzen bereitet hat. Aber eine Alternative bei einem kleinen Anbieter zu finden, ist nicht mehr so schwierig wie noch vor 10 Jahren. Wenn erstmal alles von den kostenlosen Diensten, deren Hauptgeschäft der Verkauf von persönlichen Daten zu Werbezwecken ist - umgezogen ist, kann man selbst entscheiden, ob man eine Software wirklich braucht, wer auf die Inhalte Zugriff haben soll und was mit den eigenen Daten passiert - nämlich nichts, was man nicht selbst veranlasst.
Was mich im Moment besonders erstaunt, sind Kommentare wie “Wenn ich meinen Twitter-Account lösche, verliere ich meine Kontakte, deshalb muss ich weiter da bleiben”. Das kann nur stimmen, wenn Twitter der einzige Weg der Kontaktaufnahme im Netz ist. Und meistens stimmt das auch, und die einzige “Homepage” der Leute ist eine Seite bei linktree, die man für ein paar Euro bei netcup oder sogar kostenlos bei Glitch erstellen könnte - und die Inhalte selbst kontrolliert. Und wenn man damit anfängt, stellt man eventuell fest, dass es gar nicht so schwierig ist. Und wenn man schon dabei ist, könnte man auch gleich noch einen Blog anfangen und ein paar Dinge aufschreiben…